DER FALL YUNUS K. UND RIGO B.
Maria Nesterowa
Ich habe die Fotos vom Tatort gesichtet, Aussagen der Polizeizeugen, Plädoyers, Strafanzeigen und andere Dokumente zu diesem Fall gelesen und aus den Prozessakten der Anwältinnen 4 Aussagen von Zeugen ausgewählt, die sich zur Zeit des Tathergangs am Kottbusser Tor aufgehalten hatten.
Ein Zivilpolizist behauptete die Verdächtigen beim Wurf des Molotov-Cocktails und dann bis zur Festnahme ununterbrochen beobachtet zu haben.
Eine Augenzeugin berichtete mit den tatsächlichen Tätern gesprochen zu haben und diese in Richtung Kottbusser Damm weglaufen gesehen zu haben.
Ein weiterer Zeuge hat im Bereich Kottbusser Tor Fotos von den Tätern gemacht und sie zur Identifizierung der Polizei zur Verfügung gestellt.
Der Werfer des Molotov-Cocktails soll ein weißes T-Shirt getragen haben. Ein wichtiges Indiz, anhand dessen die Zivilpolizisten die Verdächtigen erkannt und festgenommen haben.
Der Prozess fand 2009 statt, vor der intensiven Nutzung von Smartphones. Dadurch konnten zur Visualisierung nur mündliche Aussagen und Erinnerungstexte verwendet werden. Eine genaue räumliche und zeitliche Verordnung der Details aus den Zeugenaussagen fiel schwerer als gedacht. Das hat sich sicher geändert. Zeitgenössische Darstellungen von investigativen forensischen Untersuchungen , können auf reicheren Daten zurückgreifen, wie zum Beispiel die Untersuchung von Forensic Architecture zum Attentat in Hanau. Nichtsdestotrotz wird klar, wieviel Einfluss die Art der Darstellung des Tatgeschehens für die Beurteilung der Zeugenaussagen hat.
Ohne Visualisierung müssen die Richterinnen und alle Prozessbeteiligten die Daten zu einem Tathergang im Kopf abstrahieren. Es ist klar, dass dabei bei jedem unterschiedliche Bilder entstehen. In diesem konkreten Fall, sehen wir, dass Yunus und Rigo aus einer völlig anderen Ecke kamen, sich beeilt haben, dabei in ihrer Route dem heißen Gefecht auf der anderes Seite der Kreuzung ausgewichen sind und so, aus der anderen Richtung kommend, den Ermittlern in die Arme gelaufen sind. Während die tatsächlichen Täter in Richtung Kottbusser Damm entweichen konnten. Auch mit dieser dünne Datenlage, zeigt die Visualisierung der Zeugenaussagen deutlich die Wahrscheinlichkeit einer Verwechslung.
Vielen Dank für Euer Vertrauen!
Yunus K. und Rigo B.